Resveratrol ist ein antioxidatives Molekül, das zur Gruppe der sekundären Pflanzenstoffe und dort zu den Polyphenolen zählt. Im Allgemeinen sind sekundäre Pflanzenstoffe Pflanzenhormone beziehungsweise Farb-, Duft-, Aroma-, oder Abwehrstoffe, die das Überleben ihrer Produzenten sichern. Polyphenole haben in Studien antioxidative und entzündungshemmende Eigenschaften gezeigt. Resveratrol wird in Forschungsarbeiten von David Sinclair auch als Langlebigkeitsmolekül (longevity molecule) diskutiert.
Trans-Resveratrol – bioverfügbarer Zwilling
Resveratrol kann in zwei Strukturformen (Isomere) vorliegen: Trans-Resveratrol und Cis-Resveratrol. Die beiden Formen unterscheiden sich nur durch eine kleine chemische Feinheit im Molekülaufbau, die aber durchaus nennenswerte Folgen hat. Trans-Resveratrol hat sich in Studien als stabiler und besser bioverfügbar erwiesen, was bedeutet, dass unser Körper das Molekül effizienter aufnehmen und verwerten kann.
Resveratrol und das französische Paradoxon
Franzosen sind bekannt für ihren Weinkonsum, die fetthaltige Küche und gleichzeitig für ihre Langlebigkeit. Was durchwegs unlogisch erscheint, wird in der Wissenschaft passenderweise als „französisches Paradoxon“ bezeichnet. Verantwortlich dafür zeichnen ForscherInnen den hohen Polyphenol-Gehalt in ausgewählten französischen Rotweinen. Vor allem der Pinot Noir, hat aufgrund seiner kleinen Traube und den günstigen Temperaturverhältnissen mit bis zu 2,78 mg pro 100 Milliliter eine sehr hohe Konzentration an Resveratrol im Vergleich zu anderen Weinen.
Oxidativer Stress als Stolperstein
Täglich ist unser Körper mit „oxidativem Stress“ konfrontiert. Darunter versteht man einen Überschuss an Sauerstoffradikalen, der aufgrund natürlicher Stoffwechselvorgänge entsteht. Freie Radikale sind aufgrund ihrer chemischen Ausstattung höchst reaktiv, gehen also gerne Bindungen mit anderen Molekülen ein – unabhängig davon, ob diese sich schon in einer Liaison befinden oder nicht. Dadurch können sie zelluläre Strukturen wie die Zellmembran, Proteine und selbst die DNA, den Bauplan unseres Körpers, schädigen.
Sauerstoffradikale sind allerdings nicht per se destruktiv. In normaler Menge helfen sie bei der Abwehr von Erregern, wie Bakterien oder Viren. In sano herrscht also ein Gleichgewicht zwischen Nutzen und Schaden freier Radikale.
Misslingt dieser Balanceakt und zu viele Sauerstoffradikale entstehen in kurzer Zeit, haben wir verschiedene Bewältigungsmechanismen zur Verfügung. Neben den klassischen Reparaturmechanismen der Zelle, gibt es den antioxidativen Schutzschirm. Dazu zählen Moleküle wie Resveratrol, die direkt oder indirekt antioxidativ wirken.
Der direkte antioxidative Effekt – Was ist ein Antioxidans?
Ein Antioxidans ist erstmal „anti“ – also irgendwem oder irgendwas gegenüber negativ eingestellt. Wemgegenüber, das verrät uns der zweite Wortbestandteil „-oxidans“. Dieser steht für Sauerstoffradikale. Unser Körper hat also Antioxidantien, die diese Radikale fangen, binden und dadurch unschädlich machen. Resveratrol hat genau diesen Effekt. Daneben gibt es noch die klassischen Antioxidantien, zu denen unter anderem Vitamin A, Vitamin C und Vitamin E, sowie Beta-Caroten und Selen zählen. Der Markt für diese Vitamine als Nahrungsergänzungsmittel ist riesig. Ebenso groß war allerdings die Enttäuschung, als Studien an sehr großen Populationen keine Vorteile einer Supplementierung mit diesen Vitaminen zeigen konnten.
Der indirekte antioxidative Effekt
Neben der direkten Interaktion mit Sauerstoffradikalen, gibt es noch einen anderen Pfad in Richtung Antioxidation. Dieser führt über den Transkriptionsfaktor Nrf2, der von Resveratrol aktiviert wird. Ein Transkriptionsfaktor moduliert das „Abschreiben“ oder, wie der Experte sagt, die Transkription der DNA. Auf diese Weise beeinflusst Nrf2 Prozesse, die in Entzündungsgeschehen und oxidativen Stress involviert sind. Der Transkriptionsfaktor spielt dabei eine zentrale Rolle in der Stimulation von zellschützenden Genen als Antwort auf diese Probleme.
Vorkommen von Resveratrol
Das, über die Zeit, breit erforschte Molekül hat seine natürlichen Vorkommen in Beeren, Nüssen und dunkler Schokolade. Der mitunter höchste Gehalt steckt aber in den Schalen der Trauben. Bei der Weinproduktion werden die Trauben mit Schale und Kernen für lange Zeit im Weinfass gelagert. Je länger der Saft bei der Fermentation Kontakt mit Traubenhaut und -kernen hat, desto höher ist am Ende die Menge an Resveratrol. Aus diesem Grund ist der Resveratrol-Gehalt im Wein deutlich höher als im Traubensaft. Auch spielt die Größe der Traube und somit das Verhältnis zwischen dem Anteil der Schale und dem Fruchtfleisch eine wichtige Rolle. Zusätzlich wird der Resveratrol-Gehalt durch das Klima und die Umwelt im Anbaugebiet beeinflusst: Da Pflanzen in einem feuchten Gebiet in der Regel häufiger von Parasiten und Pilzen befallen werden, ist ihr Resveratrol-Gehalt höher. Kurzum: Je feindlicher die Lebensbedingungen der Pflanzen, desto höher der Resveratrol-Anteil.
Resveratrol in Wissenschaft und Forschung
Im menschlichen Körper hat das Molekül verschiedene Funktionen und Effekte. Sowohl durch direkten als auch durch indirekten antioxidativen Effekt stärkt Resveratrol das antioxidative System und unterstützt dabei essenzielle Schutzmechanismen.
Neben einer protektiven Wirkung für kardiovaskuläre und neurologische Erkrankungen wie Alzheimer wurde ebenso ein krebshemmender Effekt beschrieben. In klinischen Studien wurde eine Reduktion des systolischen Blutdrucks bei hypertensiven PatientInnen und eine Verringerung des Blutzuckerwertes bei PatientInnen mit Diabetes mellitus bestätigt.
Zusätzlich haben in-vitro Studien gezeigt, dass Resveratrol als Aktivator von Sirtuinen – die wir schon im Rahmen von Nikotinamid Adenin Dinukleotid (NAD) kennen gelernt haben – eine lebensverlängernde Wirkung vorzeigen konnten. Die Liste der positiven Auswirkungen von Resveratrol auf die Gesundheit ist noch länger und wird laufend erweitert.
Jedoch berichten Studien genauso über negative Effekte der Supplementierung des Moleküls. Das liegt an „Hormesis“. Dieser Effekt ist seit Paracelsus bekannt und meint „Die Dosis macht das Gift“. Es führt also nur eine sehr hohe Dosis an Resveratrol zu diesen negativen Auswirkungen. Wo liegt jedoch nun die Grenze? Als sicher geltende Dosis wurden beispielsweise 450 mg pro Tag bei einer 60 kg schweren Person untersucht. Umgerechnet auf den Resveratrol-reichen Pinot Noir entspricht das etwa 22 Flaschen. Der Forschung sei Dank haben es Wissenschaftler bereits geschafft, das Molekül zu isolieren und wir können nun die reine Form konsumieren.
Wie kann ich Resveratrol einnehmen?
Das Molekül ist nicht wasser-, sondern fettlöslich. Das Pulver in ein Glas Wasser zu geben und dann zu trinken, ist deshalb nicht sinnvoll. Eine effektivere Möglichkeit ist die gemeinsame Einnahme mit einer fettigen Mahlzeit, z.B. mit Joghurt oder einem Löffel Öl. Der Geschmack ist dabei leicht säuerlich, aber nicht unangenehm. Das feine Pulver hat einen gelblichen Schimmer und der Geruch nach Beeren und Trauben unterstreicht seine natürliche Herkunft.
Außerdem empfiehlt es sich, Resveratrol frühmorgens einzunehmen, und zwar auf nüchternen Magen, also ohne vorherige Nahrungsaufnahme.
Augen auf bei der Herstellung
Besonders reichhaltig an Resveratrol ist der japanische Staudenknöterich (Fallopia japonica oder Polygonum japonica), welcher in der indisch-ayurvedischen Tradition aufgrund seiner gesundheitsfördernden Wirkungen auch als „Darakchasava“ bekannt ist. Eine Extraktion des Moleküls aus der Pflanze ist einfach und kostengünstig. Wenig verwunderlich setzen zahlreiche Hersteller auf diesen Prozess. Die billige Herstellung hat allerdings einen Preis, da im Rahmen der unterschiedlichen Trocknungstechniken häufig gesundheitsschädliche PAKs (polyaromatische Kohlenwasserstoffe) entstehen, die im Pulver bzw. in den Kapseln zurückbleiben. Als unschädliche Alternative hat sich eine biotechnologische Herstellung aus Hefefermentation etabliert. Die meisten Enzyme, die für die Resveratrol-Produktion benötigt werden, sind bereits in der Hefe enthalten. Das gewonnene Resveratrol ist hochrein und völlig gentechnik- bzw. PAK-frei.