Vielleicht hast du im Biologie Unterricht mal von den Telomeren gehört? Sie sind wie die Schutzkappen von Schnürsenkeln und helfen der DNA dabei ihre Form zu behalten. Spannend dabei ist, dass diese Schutzkappen ständig ab- und wieder aufgebaut werden. Für die Entdeckung dieses Mechanismus hat die australische Forscherin Elisabeth Blackburn den Nobelpreis bekommen und der Telomerabrieb wurde in das Repertoire der 12 molekularen Mechanismen aufgenommen, die wir als Hallmarks of Aging bezeichnen.
Als erstes Kennzeichen haben wir bereits die genomische Instabilität kennengelernt. Diese Anhäufung von DNA-Schäden mit dem Alter scheint unsere Erbinformation beinahe zufällig zu beeinflussen. Je nachdem wo Schädigungen auftreten, ergeben sich unterschiedliche Zustandsbilder.
Was haben nun die Telomere mit dem Altern zu tun? Eine ganze Menge, wie sich herausstellt und wir zeigen dir hier die Details. Doch zunächst einmal nehmen wir dich kurz mit in den Biologieunterricht und klären die Grundlagen.
Was ist ein Telomer?
In fast jeder Zelle unseres Körpers befindet sich im Zellkern die DNA (zu deutsch: DNS). DesoxyriboNukleinSäure, wie es ausgeschrieben heißt, wird stark vereinfacht als Buch betrachtet, in dem die Erbinformation niedergeschrieben ist. Ein Buch reicht für diese Analogie jedoch nicht aus – unsere DNA ist vielmehr eine ganze Bibliothek. Diese Bibliothek umfasst bei gesunden Menschen 23 Bücher – die sogenannten Chromosomen.
Telomerabrieb – das Beste kommt zum Schluss
Das letzte Kapitel dieser Bücher ist besonders und wird als Telomer bezeichnet. Hier ist keine Information für Proteine mehr codiert bzw. gespeichert, sondern die Telomere fungieren als Abbauschutz für die DNA. Jedes Mal, wenn die DNA im Rahmen der Zellteilung verdoppelt wird, verkürzen sich die Telomere. Der Grund dafür ist sehr komplex und würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen. Wichtig ist nur, dass die Verkürzung der Telomere ein normaler physiologischer Prozess ist, der bei allen Menschen in den meisten Zellen auftritt.
Im Laufe der Zeit passiert dann folgendes: Ab einer gewissen Anzahl von DNA-Verdopplungen ist eine Schwelle erreicht und die Telomere sind aufgebraucht. Dieser Umstand führt zum Erliegen der Zellfunktion, sowie zur Teilungsunfähigkeit. Leonard Hayflick hat diese Schwelle entdeckt und seither trägt sie den Namen „Hayflick-Limit“.
Die Erschöpfung der Telomere erklärt somit die beschränkte Teilungsfähigkeit von Zellen und damit auch teilweise das begrenzte Regenerationspotential von Geweben. In Hayflicks‘ Experiment hat sich eine durchschnittliche menschliche Zelle übrigens ca. 52-mal geteilt.
Wusstest Du? Der Magnesium Stoffwechsel spielt eine wichtige Rolle für die Telomere. Magnesium wird in unserem Körper an sehr vielen Stellen benötigt, ist aber insbesondere an der Energieproduktion und dem Elektronengleichgewicht beteiligt. Beides benötigen wir, um gesunde Telomere zu erhalten. Die Supplementation von Magnesium konnte nachweislich die Telomerlänge in Menschen verlängern. Im Gegenzug konnten andere Publikationen zeigen, dass niedrige Magnesium Spiegel gepaart mit hohen Homocystein Spiegeln für kürzere Telomere sorgt.
Telomerase als Schlüssel zur Unsterblichkeit?
Was ist jedoch mit den restlichen Zellen, die von dieser Telomerverkürzung nicht betroffen sind? Nun, diese besitzen ein Enzym namens Telomerase, welches die Telomere wieder verlängern kann. Dieses Enzym verleiht einer Zelle damit praktisch Unsterblichkeit. Aha! Dann müssen ForscherInnen es also nur mehr schaffen, in jeder Zelle diese Telomerase einzuschleusen? Wie immer in der Wissenschaft ist es dann doch nicht so simpel, schließlich hat sich die Natur etwas dabei gedacht, nicht alle Zellen damit auszustatten.
Denken wir an das erste Kennzeichen zurück – die genomische Instabilität. Ununterbrochen prasselt ein Nieselregen von äußeren und inneren Einflüssen auf unsere Erbinformation ein und bedroht damit die Integrität der DNA. Als Folge entstehen in jeder Sekunde überall in unserem Körper Mutationen und DNA-Veränderungen, die zwar überwiegend, jedoch nicht vollständig vom sehr umfangreichen Reparatursystem ausgebessert werden können.
Wenn jetzt Zellen mit unreparierten genetischen Mutationen das Enzym Telomerase besäßen, dann würde sich die veränderte Zelle munter weiter teilen können. Das Resultat ist ein zunehmend größerer Haufen völlig entarteter Zellen, besser bekannt als Krebs – durchaus also ein zweischneidiges Schwert.
Stammzellen – die royale Klasse unter den Zellen
Zu den Telomerase-privilegierten Zellen zählen beispielsweise Stammzellen oder Knochenmarkszellen, welche meist an geschützten Stellen im Körper liegen. Darüber hinaus werden sie durch verschiedenste Eigenschaften und Mechanismen so gut wie möglich vor schädlichen Einflüssen auf deren DNA geschützt – sehr viel besser als der Großteil der anderen Zellen. Dementsprechend ist das Entartungsrisiko deutlich herabgesetzt.
Wusstest Du? Die Entdeckerin der Telomerase, Elisabeth Blackburn, beschäftigt sich bis heute mit dem Thema. Eine ihrer größeren Arbeiten schaute sich den Zusammenhang zwischen chronischem Stress und der Telomerlänge an. Hier konnte sie zeigen, dass chronisch gestresste Menschen (in ihrem Fall Mütter, die sich um chronisch kranke Kinder kümmerten), kürzere Telomere aufwiesen und die Aktivität der Telomerase niedriger war als in den Vergleichsgruppen.
DNA-Reparatur – gut gemeint, schlecht getroffen
Um einen weiteren Faktor oder besser, um ein weiteres Protein muss unsere Vorstellung von Telomeren nun noch erweitert werden. Wir wissen bereits, dass die DNA kein durchlaufender Strang ist, sondern in Chromosomen aufgeteilt vorliegt, an dessen Ende sich die Telomere befinden. Telomere sind also, wenn man es so betrachtet, DNA-Strangbrüche – Stellen, an denen die DNA endet.
Bekanntlich erkennt diese in der Regel sofort unser Reparatursystem in seinem Bestreben, keine losen DNA-Enden zuzulassen und bessert sie aus. Gut gemeint, im Fall der Telomere aber schlecht getroffen. Die genannte Reparatur darf bei Telomeren auf keinen Fall stattfinden, da so unter Umständen zwei Chromosomen miteinander verbunden werden können.
Passiert das und die Zelle möchte sich später teilen, dann kommt es zu schädlichen „Chromosomenbrüchen“ – das Erbgut wird ungleich auf die Tochterzellen verteilt. Sowohl ein zu viel als auch ein zu wenig an Erbinformation behindert dann die Zellfunktion.
Shelterin – trügt der Name?
Wie so oft ist die Natur zur Stelle, denn wir Menschen und auch einige andere Organismen besitzen Shelterin. Shelterin ist ein Komplex von sechs Proteinen, der an Telomere bindet und sie vor dem Reparatursystem schützt (engl. „shelter“). Damit ist das große Problem der Chromosomenbrüche und der drohenden Entartung von Zellen – funktionierendes Shelterin vorausgesetzt – erstmal gelöst.
Nun sind Telomere vor DNA-Schäden, wie wir sie im Rahmen der genomischen Instabilität kennengelernt haben, jedoch nicht gefeit. Da durch Shelterin Telomere für die DNA-Mechaniker unsichtbar sind, können auch tatsächliche DNA-Schäden nicht repariert werden. Das klingt erstmal nicht gut, führt der genannte Umstand doch zu immer mehr Schäden, die über die Zeit zu Seneszenz (Zwischenzustand, eine Art „Zombiezelle“) oder Zelltod beitragen können.
DNA-Schäden im Bereich der Telomere sind aber nicht außerordentlich schlimm, da es sich um eine nicht-codierende Region handelt, sprich es wird keine Information für den Bau von Proteinen abgelesen.
Kurze Telomere und Krankheiten
Shelterin schützt uns also vor dem größeren Übel. Der Verlust von einigen wenigen Zellen ist ein kleineres Problem als das von entarteten Zellen und Chromosomenbrüchen. Fehlt Shelterin oder Teile davon, wurde ein rascher Rückgang der Regenerationskapazität und eine beschleunigte Alterung festgestellt – ein Phänomen, das auch dann auftritt, wenn Telomere eigentlich eine normale Länge haben.
Neben Shelterinmangel führt auch Telomerasemangel zu einer vorzeitigen Entwicklung von Krankheiten. Im Speziellen ist Lungenverhärtung (Fachbegriff: Lungenfibrose), Blutarmut mit Verminderung aller Blutzellen (Fachbegriff: aplastische Anämie) und eine seltene Hautkrankheit namens Dyskeratosis congenita gemeint.
Alle drei Krankheiten haben den Verlust der Regenerationskapazität verschiedener Gewebe zur Folge. Außerdem konnte in zusammengefassten Studien ein Zusammenhang zwischen kurzen Telomeren und Sterberisiko gezeigt werden, speziell in jungen Jahren.
Können wir Telomerabrieb stoppen?
In Mausexperimenten konnten bereits erste Erfolge hinsichtlich Telomer-Therapien erzielt werden. Beispielsweise wurde die Telomerase bei vorzeitig gealterten Mäusen mit einem Telomerase-Mangel erfolgreich genetisch reaktiviert. Ein weiteres Experiment zeigte eine Verzögerung des normalen Alterns, ohne Erhöhung des Krebsauftretens, durch pharmakologische Aktivierung.
Die nächsten Jahre und Jahrzehnte werden zeigen, ob unsere Zukunft im Hinblick auf die Telomerforschung genauso rosig aussieht, wie die der Mäuse. In der Zwischenzeit können wir schon mal einen Blick darauf werfen, was gesichert beim Menschen funktioniert. Wie können wir unsere Telomere verlängern?
Wusstest Du? Omega-3 Fettsäuren sind ein wichtiger Bestandteil einer gesunden Ernährung. Sie kommen in der Natur hauptsächlich in drei Formen vor, abgekürzt ALA, DHA und EPA. Wissenschaftler haben sich für 6 Jahre angeschaut, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Omega-3 Index und den Telomeren gibt. Und tatsächlich. Patienten, die wenig DHA und EPA zu sich nahmen (und konsequenterweise einen niedrigen Omega-3 Index hatten), wiesen einen viel schnelleren Telomerabrieb auf.
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Pflanzliche Ernährung verlängert die Telomere
Die Publikationen zur Telomerforschung sind teilweise wirr und widersprüchlich. Dies liegt auch daran, wie die Studien aufgebaut sind und welche Telomere gemessen werden. Die einfachste Art ist die Telomerlänge von Leukozyten (weißen Blutkörperchen) zu messen. Aber dies muss nicht immer die beste Messmethode sein.
Um den Einfluss der Ernährung zu verstehen, müssen wir uns das Gesamtbild anschauen. Im Rahmen der genomischen Instabilität haben wir bereits gesehen, dass unsere DNA ständig oxidativem Stress ausgesetzt ist. Ein wenig davon ist von Vorteil, zu viel scheint das Altern zu beschleunigen. Eine pflanzenreiche Ernährung, reich an sekundären Pflanzenstoffen scheint diese Balance zu fördern und somit trägt dies indirekt auch zu längeren Telomeren bei.
Sirtuine und Telomere – zwei Partner für die Langlebigkeit
Schaut man sich die molekularen Zusammenhänge zwischen Telomeren und sekundären Pflanzenstoffen genauer an, stößt man auf die Sirtuine. Sirtuine werden gerne auch als Langlebigkeitsgene beschrieben, da gerade Sirt-1 und Sirt-6 mit einer besseren Gesundheit in Verbindung gebracht werden.
Die Sirtuine können besonders effektiv durch Fasten aktiviert werden, aber auch einige sekundäre Pflanzenstoffe wie das Resveratrol sind potente Sirt-Aktivatoren. Hohe Sirtuin-Level helfen uns dabei die DNA vor Schäden zu bewahren, unterstützen die Telomere und wirken sich auf die Epigenetik aus.
Fazit zum Telomerabrieb
Die Telomere spielen eine wichtige Rolle im Alterungsprozess. Eine gewisse Zeit lang waren die Telomere sogar die „Stars“ in der Altersforschung. Man glaubte, dass man sie einfach nur verlängern müsste, um ewig zu leben. Ganz so einfach ist es dann doch nicht und trotz einiger Rückschläge wissen wir heute, unter anderem dank Elisabeth Blackburn, viel mehr über diese wichtige Struktur in unseren Zellen. Als Teil der Hallmarks of Aging sind sie ein Baustein auf unserem Weg das Altern zu verlangsamen.
Im nächsten Artikel dieser Reihe geht es um das dritte Kennzeichen des Alterns: Epigenetische Veränderungen.
MoleQlar ONE vereint das Potential von 13 verschiedenen Longevity-Ingredients um Gesundheit und Langlebigkeit vollumfänglich auf molekularer Ebene zu fördern. Der Komplex hat positive Effekte auf alle zwölf Hallmarks of Aging.