Demenz und Erkrankungen, die die Hirngefäße betreffen zählen neben Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu den Haupttodesursachen bei älteren Frauen. Das Risiko an den genannten Erkrankungen zu sterben ist für ältere Frauen größer als für jüngere Frauen oder Männer. Dieser Umstand ist teilweise auf den Rückgang des Östrogen-Spiegels nach den Wechseljahren zurückzuführen. Östrogen hat zahlreiche wichtige Funktionen im Körper, wie beispielsweise Gedächtniserhalt oder Knochengesundheit. Weil nach der Menopause das Östrogen abnimmt, gibt es Beeinträchtigungen in diesen Bereichen. Außerdem wirkt sich der Verlust negativ auf die Mikrozirkulation aus, wodurch Gefäße schneller steif werden. Diese verminderte Anpassungsfähigkeit der Arterien auf den Sauerstoffbedarf des Gehirns ist mit einer Beeinträchtigung der kognitiven Leistung verbunden. Auf Basis dieser Prozesse wurde Resveratrol in der RESHAW-Studie untersucht.
RESHAW-Studie: Resveratrol zur Unterstützung eines gesunden Alterns bei Frauen: Langzeiteffekte von Resveratrol auf kognitive Leistungsfähigkeit, zerebrovaskuläre Funktion und kardio-metabolische Marker bei postmenopausalen Frauen
In der RESHAW-Studie untersuchten Zaw et al., welche Langzeiteffekte Veri-teTM Resveratrol (Evolva SA, Schweiz) auf die Alterungsprozesse bei Frauen nach den Wechseljahren (postmenopausal) hat. Bei der Studie handelt es sich um eine randomisiert, kontrollierte Studie und damit um die höchste wissenschaftliche Evidenz.
Studienplan
125 postmenopausale Frauen im Alter von 45-85 Jahren nahmen entweder 2 x 75mg Trans-Resveratrol täglich (morgens und abends) oder ein Placebo für eine Dauer von zwölf Monaten ein. Die Zuteilung zur jeweiligen Gruppe erfolgte nach dem Zufallsprinzip (Randomisierung). Nach dieser Zeit wurde die Verabreichung für weitere zwölf Monate vertauscht. Das bedeutet etwas anschaulicher, dass eine Frau, die im ersten Jahr Resveratrol bekam, im zweiten Jahr dann nur noch ein Placebo erhalten hat. Die einzelnen Studienteilnehmerinnen wussten aber zu keinem Zeitpunkt, ob sie jetzt Resveratrol oder das Placebo bekamen. In der Wissenschaft ist diese Praktik der Verblindung üblich und Qualitätskennzeichen einer Studie. Der Gesamtbeobachtungszeitraum betrug damit 24 Monate. Um als postmenopausal zu gelten, musste die letzte Regelblutung mindestens zwölf Monate zurückliegen.
Nach 12 und 24 Monaten wurde jeweils eine Untersuchung durchgeführt, bei der Daten erhoben wurden. Am Ende der Studie wurden die teilnehmenden Frauen dann „mit sich selbst“ verglichen, um eventuelle Unterschiede festzustellen. Das heißt konkret, dass die Daten einer Frau nach den 12 Monaten der Resveratrol-Einnahme mit den Werten nach 12 Monaten Placebo verglichen wurden. Auch bei diesem sogenannten „crossover“-Design handelt es sich um gelebte wissenschaftliche Praxis. Die AutorInnen untersuchten folgende Parameter:
– kognitive Leistungsfähigkeit
– zerebrale Blutflussgeschwindigkeit und Reaktionsfähigkeit der Hirngefäße
– diverse kardio-metabolische Marker
Ergebnisse
Die kognitive Leistungsfähigkeit maßen die AutorInnen anhand von diversen neuropsychologischen Tests. Teilnehmende Frauen absolvierten die Testbatterie zu Beginn der Studie, nach den ersten zwölf Monaten und am Ende der Studie nach zwei Jahren. Insgesamt zeigte sich bei Frauen unter Resveratrol-Einnahme eine Verbesserung von 33% in der kognitiven Gesamtleistung. In einzelnen Untertests war der Sprung noch deutlich größer. So betrug die Steigerung bei einem Test, der das Arbeitsgedächtnis betrifft, ganze 208% (Forward Spatial Span Test).
Die zweiten Ergebniskriterien waren die zerebrale Blutflussgeschwindigkeit und die Reaktionsfähigkeit der Hirngefäße, welche die ForscherInnen mittels Ultraschall erhoben. Hier zeigte sich in der Resveratrol-Gruppe eine Verbesserung der mittleren Blutflussgeschwindigkeit von 8%. Außerdem wurde eine 12%ige Verbesserung bei der Reaktivität der Hirngefäße auf einen Überschuss von CO2 nachgewiesen. Insgesamt betrug die beobachtete Steigerung der neurovaskulären Kopplung 7% mit Resveratrol gegenüber Placebo. Das bedeutet, dass an Orte wo vermehrt neuronale Aktivität stattfindet, auch mehr Blut transportiert wird.
Abschließend interessierten sich die AutorInnen noch für diverse kardio-metabolische Marker. Genauer sind darunter der systolische und diastolische Blutdruck, Nüchtern-Blutzucker, Insulin und Blutfette (Cholesterin, HDL, LDL) subsummiert. Hier fanden sich eine Reduktion des Nüchtern-Insulins um 9% bei gleichbleibender Nüchternglukose, was für eine verbesserte Insulinsensitivität spricht. Bezüglich Blutdruck oder Blutfetten ergaben sich keine signifikanten Unterschiede.
Zusammenfassung
Für die mentale Leistungsfähigkeit zeigte sich also eine signifikante Verbesserung durch Resveratrol in allen kognitiven Bereichen, die von den ForscherInnen untersucht wurden. Die Größe des beobachteten Effekts war vergleichsweise klein. Die AutorInnen führen in diesem Zusammenhang an, dass Altersstudien zeigten, dass gewisse kognitive Bereiche um eine jährliche Rate (0,02 Standardabweichungen) abnehmen. Aufgrund dieser Tatsache sei die Verbesserung, die in der Studie gemessen wurde, trotzdem klinisch bedeutsam, weil Resveratrol diesen Prozess zu verlangsamen vermag. Zusätzlich dazu ergaben sich Belege dafür, dass Resveratrol die Zellen auf Insulin sensitivieren kann und damit die Entwicklung eines Diabetes Mellitus Typ 2 möglicherweise verlangsamen könnte.
Die in der Studie verwendete Dosis von 2 x 75mg Resveratrol pro Tag kann in dieser Größenordnung nicht über eine ausgewogene Ernährung aufgenommen werden. Die höchste Konzentration fand sich in Traubenschalen mit Werten von 50 bis 400 Mikrogramm (!) pro Gramm Traubenschale. Für Rotwein ergeben sich in Abhängigkeit von den verwendeten Traubensorten Werte zwischen 0.1 und 14 mg / L. Die in der Studie verabreichte Dosis von Resveratrol ist dementsprechend mit drei bis 27 Litern Rotwein oder ca. 50kg Traubenschalen gleichzusetzen – täglich! Das ist wahrscheinlich keine so gute Idee.
Die AutorInnen heben abschließend noch besonders hervor, dass 88% der Frauen, die an der Studie teilnahmen, angaben, dass sie nach der Studie wahrscheinlich mit der Resveratrol-Supplementierung fortfahren würden.