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Was ist Carnosin?
Magazin Moleküle

Was ist Carnosin?

Carnosin ist die einfachste Form eines Dipeptids – also die Verbindung von zwei Aminosäuren – bestehend aus Alanin und Histidin. Diese Eiweiße sind Bestandteil unserer normalen Ernährung und stammen vor allem aus tierischen Produkten. Die größten Mengen befinden sich dabei in Hühnchen, Truthahn und Thunfisch. Beispielsweise konnte eine klassische Hühnersuppe den Carnosinspiegel steigern und gleichzeitig das Wachstum von Viren eindämmen. Der Grund, wieso sich die Longevity-Forschung so brennend für Carnosin interessiert, ist allerdings ein anderer.

Im gesamten Tierreich gibt es etliche verwandte Formen Histidin-enthaltender Moleküle, welchen eine ähnliche Funktion nachgesagt wird. Interessanterweise haben fast alle Säugetiere mindestens zwei dieser Substanzen in ihren Zellen. Menschen, aus irgendeinem bestimmten Grund, haben nur eine, eben Carnosin. Dieses existiert hauptsächlich im menschlichen Gehirn sowie in unserer Muskulatur.

Was macht Carnosin? – klein, aber oho

Es wurden bereits zahlreiche spannende Studien mit Carnosin durchgeführt. Dabei stellten WissenschaftlerInnen fest, dass Carnosin durch Chelatisierung, also Komplexbildung, schädliche Substanzen bindet und somit über den Urin aus dem Körper eliminiert. Ebenso erwies sich die Annahme, Carnosin diene als Puffermittel in unserer Muskulatur, als wissenschaftlich haltbare Erkenntnis. Dort wirkt es vereinfacht gesagt wie ein Schwamm, der saure Endprodukte der Muskelkontraktion bei sportlicher Betätigung, aufsaugt. Dadurch werden die Muskeln vor Übermüdung geschützt, ihre Funktion gestärkt und einem möglichen Kräfteversagen vorgebeugt.

Außerdem verbesserte Carnosin in Experimenten die Wundheilung und erregte Aufmerksamkeit in der Augenheilkunde durch eine Steigerung der Sehfähigkeit. Auch diese spannenden Erkenntnisse sind nicht der Grund für den Longevity-Hype. Dieses Thema schauen wir uns nun an.

L-Carnosin dient als wirksames Puffermittel in der Muskulatur und schützt so vor starker Übersäuerung.

Carnosin als Longevity-Agent

Die erste äußerst interessante Erkenntnis zum Thema Carnosin und Longevity war, dass das Molekül zu einer reduzierten Telomerverkürzung beiträgt. Nochmal zur Wiederholung: Telomere sind die Schutzkappen an den Chromosomenenden in unserem Erbgut, welche sich mit der Zeit verkürzen. Verkürzte Telomere, bzw. Telomerabrieb, ist eines der Hallmarks of Aging. Mit diesen versuchen die Forscher das Altern auf molekularer Ebene zu erklären.

Außerdem ist Carnosin ein starker Fänger von reaktivem Sauerstoff und Stickstoff. Diese freien Radikale sind Nebenprodukte der mitochondrialen Aktivität und mitverantwortlich für den Alterungsprozess. Eine normale Menge an freien Radikalen ist wünschenswert, allerdings macht hier, wie so oft, die Dosis das Gift.

Carnosin hat aber noch ein weiteres Longevity-Ass im Ärmel, das mit Advanced Glycation Endproducts zu tun hat.

Advanced Glycation Endproducts (AGE)

Werfen wir einen Blick auf unser Lieblings-Süßungsmittel und wertvollen Energielieferanten, den Zucker. Wie allgemein bekannt, ist zu viel davon ungesund. Das bedingt unter anderem die Tatsache, dass Glukose klebrig ist. Sowohl in Form eines Lutschers als auch in seiner molekularen Struktur.

Glukose haftet an so ziemlich allem, womit es im Körper in Kontakt kommt. Von Proteinen über Fette bis hin zur DNA. Beim Verkleben entstehen entstellte, schädliche Moleküle, die ihre ursprüngliche Funktion verloren haben. Im Fachjargon werden diese Moleküle Advanced Glycation Endproducts oder kurz AGE genannt. Besonders bei Proteinen ist dieser Aktivitätsverlust problematisch und wirkt sich negativ auf alle Aspekte des zellulären Lebens aus.

Was erstmal recht theoretisch klingt, geht auch etwas anschaulicher: Zu den wichtigsten Proteinen, die für die strukturelle Integrität unseres Gewebes sorgen, gehören unter anderem Kollagen und Elastin. Man kann sich die zwei Moleküle als ein Stück Stoff mit eingewebten Fasern vorstellen.

Als Stoffmantel bilden die Proteine einen essenziellen Bestandteil unserer Haut, Knochen und der Wand von Blutgefäßen. Dort passen sie sich den natürlichen Bedingungen an und sorgen für Festigkeit bei gleichzeitiger Flexibilität. Klingt paradox, ist aber in einem gesunden Körper unabdingbar.

Wenn man jedoch versehentlich einen Tropfen Superkleber auf das Stück Stoff gibt, können die Fasern nicht mehr übereinander gleiten. Stattdessen geht ihre Elastizität verloren und sie werden starr und spröde. Genau das passiert, wenn wir altern, also der Superkleber Glukose auf unsere Proteine tropft. Die schöne glatte Haut wird faltig und schlaff, während sich elastische Blutgefäße in Stahlrohre verwandeln. Die Folgen sind Falten, Arteriosklerose und Bluthochdruck.

Die Formel des Alterns lässt sich wie folgt ableiten: Je mehr AGEs man hat, desto älter ist man geworden.

Was hat Carnosin mit AGEs zu tun?

In Studien stellte sich heraus, dass Carnosin etwa ein Dutzend Zwischenschritte der Bildung von AGEs blockiert. Während Studien über Studien diese Fähigkeit bestätigten, gibt es sogar Hinweise darauf, dass die bereits geschädigten und somit außer Betrieb genommenen Proteine gerettet werden können.

Die ursprünglich irreversibel angenommene Entstehung der Abfallprodukte, ist scheinbar doch rückgängig. Wir können also die Uhr, aus der Sicht unseres kollagenen Bindegewebes, tatsächlich zurückdrehen! Um die Mechanismen hinter diesem Effekt genauer zu verstehen, müssen allerdings noch einige Experimente durchgeführt werden.

Einnahme von L-Carnosin

Die moderne Ernährung bietet eine unzureichende tägliche Zufuhr von Carnosin (lediglich 50-250 mg, abhängig von der exakten Nahrung), während für die biologische Wirkungen mindestens 500-3500 mg erforderlich wären. Da Carnosin vorwiegend in tierischen Lebensmitteln vorkommt, wurde der Ruf nach tierfreien Alternativen laut.

Der Großteil des heute verkauften Carnosin ist in Pulver-Form erhältlich. MoleQlar Carnosin wird natürlich gewonnen und hat keinen tierischen Ursprung. Damit ist das Produkt Veganer- und Vegetarier-freundlich.

Carnosin in Pulverform ist ein wasserlösliches Molekül. Das heißt, dass du es nicht unbedingt mit einer Mahlzeit einnehmen musst. Die sinnvollste und effektivste Variante ist, das Pulver in ein Glas Wasser zu geben und dann zu trinken. Der Geschmack ist am ehesten leicht süßlich, aber keinesfalls unangenehm – eher geschmacklos. Als sicher wurde in Studien eine Menge von bis zu einem Gramm pro Tag befunden.

Carnosin für die Augengesundheit

Bis jetzt hast du Carnosin als ideale Ergänzung für Sportler und als mögliches Longevity Molekül kennen gelernt. Es gibt jedoch auch den Ansatz Carnosin in Form von Augentropfen gegen den grauen Star (Katarakt) einzusetzen.

Dabei wird eine leicht andere Form benutzt – nämlich das N-Acetylcarnosin. Augentropfen mit diesem Wirkstoff konnten in dieser Studie eine Verbesserung der Sehschärfe und eine gesteigerte Klarheit der Augenlinse zeigen. Doch wie ist das möglich?

Eine Theorie ist, dass die Bildung von AGEs (die klebrigen Zuckermoleküle) zu einer Verklumpung von Proteinen in der Linse führen. Diese wird dadurch im Alter immer trüber und wir können schlechter sehen. Carnosin konnte in mehreren Studien die Bildung von AGEs verhindern und beschädigte Proteine wieder erneuern. Hier wird auch die Hauptwirkung von N-Acetylcarnosin als Augentropfen vermutet. Ob dies auch durch eine Aufnahme von Carnosin über die Nahrung möglich ist, muss noch erforscht werden.

Carnosin als Schlafmittel bei Autismus-Spektrum-Störung

Ein weiteres, eher ungewöhnliches Einsatzgebiet, von Carnosin ist die Unterstützung des Schlafes bei Kindern mit Autismus-Spektrum Störungen. Die wissenschaftliche Grundlage liefert hauptsächlich eine Studie in der 43 Kinder mit Autismus-Spektrum-Störung in zwei Gruppen aufgeteilt wurden. Eine bekam 500mg Carnosin und die andere ein Placebo. Die Carnosin Gruppe hatte weniger Parasomnien (unerwünschte Schlafereignisse) als die Vergleichsgruppe ohne Carnosin.

Die Hypothese der Wissenschaftler ist, dass die Gehirne von Kindern mit einer Autismus-Spektrum-Störung anfälliger für oxidativen Stress sind. Carnosin konnte in Zellstudien Nervenzellen mit seinen antioxidativen Eigenschaften vor Schäden schützen. Ebenso wie Luteolin, das auch in Studien ausprobiert wurde.

Die Datenlage zum Einsatz bei Kindern mit Autismus-Spektrum-Störungen ist noch recht dünn. Es gibt Hinweise darauf, dass Carnosin den Schlaf verbessern kann. Es führt aber zu keiner Heilung der Autismus-Spektrum Störung, wie die Forscher auch in ihrem Paper betonen.

Carnosin und Zink: Zusammen gegen die Entzündung von Schleimhäuten

Ein weiteres Einsatzgebiet von Carnosin ist die Wundheilung. Zusammen mit Zink konnte es in mehreren Studien zeigen, dass es die Wundheilung, insbesondere von Schleimhäuten, verbessern kann.

In Japan wird die Mischung aus Zink und Carnosin, (korrekte Bezeichnung: Zink L-Carnosin) schon seit Jahrzehnten bei Magengeschwüren eingesetzt. Und in dieser Studie konnte mit einer Zink L-Carnosin Mundspülung die Wundheilung nach einer Zahn-OP verbessert werden. Kann man also Zink einfach mit Carnosin mischen und man erhält die Ergebnisse?

Nicht ganz, Zink-L-Carnosin besteht zwar im Wesentlichen nur aus den beiden Molekülen, welche aber über einen sogenannten Chelatkomplex verbunden sind. Die Studien sind auch nur auf diese feste Kombination ausgelegt. Ob eine seperate Einnahme von Zink und Carnosin zu den gleichen Ergebnissen führt, ist nicht klar.

Und wie kann nun Zink L-Carnosin die Schleimhäute schützen? Die molekulare Wirkungsweise ist tatsächlich ziemlich raffiniert. Sind die Schleimhäute, z.B. in unserem Magen oder Darm beschädigt, dann sind die Zellen durchlässiger für Zink. Über diesen Mechanismus gelangt Zink L-Carnosin genau an den Ort, wo es am meisten gebraucht wird.

Zink konnte in mehreren Studien schon zeigen, dass es die Wundheilung fördert und Carnosin sorgt durch seine entzündungshemmenden Eigenschaften für weniger Entzündung. In den Studien wurden Dosen von 50-300mg Zink L-Carnosin pro Tag als sicher eingestuft. Zink-L-Carnosin könnte auf Basis dieser Daten also eine nützliche Ergänzung für Menschen mit entzündlichen Darmerkrankungen sein.

Fazit zu Carnosin

Das kleine Dipeptid Carnosin ist mehr als eine reine Proteinquelle, dies zeigen die vielen Studien in den unterschiedlichsten Bereichen. Gerade seine Eigenschaft die Bildung von AGEs zu verhindern, macht Carnosin zu einem sehr potenten Longevity Molekül.

Quellen

Literatur

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Grafiken

Die Bilder wurden unter der Lizenz von Canva erworben.

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