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Antioxidantien: Schutzschild oder Risiko? Die richtige Balance für deine Gesundheit

Antioxidantien: Schutzschild oder Risiko? Die richtige Balance für deine Gesundheit

Antioxidantien werden oft als Wundermittel für Gesundheit und Langlebigkeit angepriesen. Sie sollen freie Radikale abfangen, Zellschäden verhindern und den Alterungsprozess verlangsamen. Doch wie bei vielen biologischen Prozessen ist die Wahrheit komplexer: Nicht nur der Mangel, sondern auch ein Übermaß an Antioxidantien kann negative Auswirkungen haben.

In der richtigen Menge schützen sie unsere Zellen, in zu hohen Dosen können sie wichtige zelluläre Prozesse stören. Diese Mechanismen haben wir hier für dich genauer untersucht und möchten dir einen guten Überblick verschaffen.

Was ist Oxidativer Stress?

Freie Radikale entstehen als Nebenprodukte des Stoffwechsels, aber auch durch Umweltfaktoren wie UV-Strahlung, Umweltgifte und Stress. Während sie in Maßen notwendig sind, um beispielsweise das Immunsystem zu aktivieren, kann ein Überschuss zu (chronischem) oxidativem Stress führen – einem Zustand, der mit Alterungsprozessen und verschiedenen Krankheiten in Verbindung gebracht wird.

Oxidativer Stress entsteht dann, wenn das Gleichgewicht zwischen freien Radikalen und antioxidativen Schutzmechanismen im Körper gestört ist. Antioxidantien sind die natürlichen Gegenspieler dieser freien Radikale, aber ihre Wirkung ist stark dosisabhängig. 

Welche Antioxidantien es gibt, wie sie funktionieren und warum eine ausgewogene Zufuhr so wichtig ist, erfährst du in diesem Artikel.

Wie wirken Antioxidantien auf molekularer Ebene?

Freie Radikale sind instabile Moleküle, denen ein Elektron fehlt. Sie sind auf der Suche nach einem Elektron, um sich zu stabilisieren – und entreißen es dabei anderen Molekülen, etwa in Zellmembranen oder der DNA. Dieser Prozess wird als Oxidation bezeichnet und kann eine Kettenreaktion auslösen, die Zellstrukturen schädigt.

Antioxidantien wirken dem entgegen, indem sie freie Radikale binden, ohne dabei selbst instabil zu werden. Es sind Moleküle, die reaktive Sauerstoffspezies (ROS) und reaktive Stickstoffspezies (RNS) neutralisieren und dadurch oxidativen Stress reduzieren können. Sie geben ein Elektron ab und beenden so die schädliche Kettenreaktion. Ein Beispiel ist Vitamin C (Ascorbinsäure), das in wässrigen Zellumgebungen freie Radikale neutralisiert, oder Vitamin E (Tocopherol), das als fettlösliches Antioxidans Zellmembranen schützt.

Funktion und Signalwege von Antioxidantien

Antioxidantien haben Effekte auf drei verschiedenen Ebenen:

  • Direkte Neutralisation: Sie reagieren mit freien Radikalen und machen sie unschädlich.
  • Indirekte Wirkung: Sie aktivieren zelluläre Abwehrmechanismen, wie z. B. den Nrf2-Signalweg. Dieser reguliert die Expression von Genen, die antioxidative Enzyme wie Glutathion-Peroxidase (GPx), Superoxid-Dismutase (SOD) und Katalase aktivieren.
  • Modulation von Entzündungen: Antioxidantien beeinflussen Signalwege wie NF-κB, die eine Rolle bei der Immunantwort und Entzündungen spielen. 

Die Bedeutung freier Radikale

Freie Radikale sind hochreaktive Moleküle mit einem oder mehreren ungepaarten Elektronen. Ihr Name leitet sich aus ihrer chemischen Natur ab: "frei" bedeutet, dass sie ungebunden und damit hochreaktiv sind, während "Radikale" eine Bezeichnung für Atome oder Moleküle mit ungepaarten Elektronen ist. Diese Eigenschaft macht sie zu wichtigen Akteuren in biologischen Prozessen, da sie Elektronen von anderen Molekülen aufnehmen oder abgeben können.

Obwohl freie Radikale oft als schädlich dargestellt werden, erfüllen sie wichtige physiologische Funktionen:

  • Signaltransduktion: Freie Radikale wie reaktive Sauerstoffspezies (ROS) spielen eine zentrale Rolle in der Zellkommunikation. Sie regulieren verschiedene Signalwege, darunter den MAPK- und den NF-κB-Signalweg, die an Zellwachstum, Differenzierung und Stressreaktionen beteiligt sind. Beispielsweise sorgen freie Radikale auch für Muskelwachstum nach anstrengendem Krafttraining.
  • Immunabwehr: Makrophagen und andere Immunzellen nutzen freie Radikale als “Waffe” gegen Pathogene. Während der sogenannten "oxidativen Burst-Reaktion" werden große Mengen an ROS wie Superoxid (O₂⁻) und Wasserstoffperoxid (H₂O₂) freigesetzt, um Bakterien und Viren zu eliminieren.
  • Wundheilung: ROS sind essenziell für die Regulation der Geweberegeneration. Sie beeinflussen die Angiogenese (die Bildung neuer Blutgefäße), die Proliferation von Fibroblasten und die Produktion von Kollagen, wodurch die Wundheilung gefördert wird.

Ein gewisses Maß an oxidativem Stress ist also notwendig. Entscheidend ist das Gleichgewicht zwischen pro-oxidativen und antioxidativen Mechanismen. 

Klassen von Antioxidantien

Antioxidantien lassen sich in mehrere Kategorien einteilen:

Vitamine

Vitamin C (Ascorbinsäure): Wasserlösliches Antioxidans, das Elektronen abgeben kann, um freie Radikale zu neutralisieren. Es regeneriert oxidiertes Vitamin E und unterstützt enzymatische Prozesse.

Vitamin E (Tocopherole und Tocotrienole): Fettlösliches Antioxidans, das Zellmembranen schützt, indem es Lipidperoxidation verhindert.

Mineralien

Selen: Essentieller Bestandteil von Glutathionperoxidase, einer antioxidativen Enzymgruppe, die Peroxide abbaut.

Zink: Stabilisierendes Element antioxidativer Proteine, das an Redoxreaktionen beteiligt ist und Enzymstrukturen schützt.

Sekundäre Pflanzenstoffe:

Polyphenole: z.B. Resveratrol oder Curcumin. Sie sind auch in Beeren, Tee und dunkler Schokolade enthalten, wirken molekular in Organismen als Radikalfänger und aktivieren den Nrf2-Signalweg.

Carotinoide: Dazu gehören Beta-Carotin, Lutein, Astaxanthin und Zeaxanthin, die membranassoziierte Oxidationsreaktionen hemmen und somit einen Effekt auf Haut sowie die Augen haben.

Flavonoide: z.B. Fisetin. Modulieren Entzündungsprozesse, beeinflussen die Zellkommunikation und wirken antioxidativ in verschiedenen Geweben.

Endogene Antioxidantien:

Glutathion: Ein intrazellulärer Schutzfaktor, der direkt mit ROS reagiert und durch die Glutathionperoxidase regeneriert wird. Vorläufermoleküle sind Glycin und N-Acetylcystein - kurz GlyNAC.

Superoxiddismutase: Enzym, das Superoxidradikale in Wasserstoffperoxid umwandelt und so oxidative Schäden reduziert.

Katalase: Baut Wasserstoffperoxid zu Wasser und Sauerstoff ab und schützt so vor toxischen Peroxiden.

Die Bedeutung sekundärer Pflanzenstoffe

Sekundäre Pflanzenstoffe sind eine vielseitige Gruppe bioaktiver Verbindungen, die Pflanzen als Schutzmechanismus gegen Umweltstress, Pathogene und Fraßfeinde synthetisieren. Die Pflanzen sind ständig Faktoren wie UV-Strahlung, Temperaturveränderungen, Schädlingsbefall und oxidativen Prozessen ausgesetzt. Antioxidantien helfen ihnen dabei, Zellschäden zu verhindern und sich gegen diese Einflüsse zu schützen. Zu den wichtigsten antioxidativen Stoffen, die Pflanzen produzieren, gehören Polyphenole, Carotinoide, Flavonoide und Vitamine wie Vitamin C und E.

Diese sekundären Pflanzenstoffe wirken in der Pflanze als Schutzschild, indem sie reaktive Sauerstoffspezies neutralisieren und oxidative Schäden an Zellstrukturen minimieren.

Der Konsum sekundärer Pflanzenstoffe als Teil der menschlichen Ernährung hat ähnlich wie bei den Pflanzen vielfältige Effekte. Zu den bedeutendsten sekundären Pflanzenstoffen gehören:

  • Flavonoide – Eine große Gruppe von Polyphenolen, die in grünem Tee, Äpfeln und Zwiebeln vorkommen und antioxidative sowie entzündungshemmende Eigenschaften besitzen.
  • Carotinoide – In Karotten, Tomaten und Kürbis enthalten, tragen sie zur Erhaltung der Haut und Augen bei und wirken als Vorstufen von Vitamin A.
  • Polyphenole – Reichlich in Beeren, dunkler Schokolade und Rotwein vorhanden, gelten als Unterstützer für die Gefäßgesundheit und wirken als Radikalfänger.
  • Glucosinolate – In Kreuzblütlern, wie Brokkoli, Kohl und Senf enthalten, spielen sie eine Rolle bei der Entgiftung und dem Zellschutz.

Resveratrolzufuhr im Alltag

Resveratrol ist einer der sekundären Pflanzenstoffen aus der Gruppe der Polyphenole. Besonders hohe Konzentrationen finden sich in:

  • Rotwein: Enthält etwa 1,9 bis 2,7 mg Resveratrol pro Liter.
  • Rote Weintrauben: Enthalten zwischen 50 und 100 µg Resveratrol pro Gramm.
  • Erdnüsse: Enthalten zwischen 0,03 und 0,14 µg Resveratrol pro Gramm.

Vielleicht hast du schon einmal gehört, dass Rotwein trotz Alkohol gesund sei – das liegt am beschriebenen Französischen Paradoxon, was sich später jedoch als falsch herausgestellt hat. Um die oft empfohlene Menge von 500 mg täglich zu erreichen, müsstest du nämlich extreme Mengen konsumieren:

  • Rotwein: Ungefähr 185 Liter täglich – definitiv keine empfehlenswerte Strategie.
  • Rote Weintrauben: Etwa 5 Kilogramm täglich – eher schwer in eine normale Ernährung integrierbar.
  • Erdnüsse: Rund 3,6 Kilogramm täglich – eine kalorienreiche Angelegenheit.

Die Rolle von Sirtuinen und ihren Einfluss auf oxidativen Stress

Sirtuine sind eine Gruppe von NAD-abhängigen Enzymen und einer von vier Langlebigkeitspfaden, die eine zentrale Rolle in der Regulation der Zellalterung, des Stoffwechsels und der antioxidativen Abwehrmechanismen spielen. Besonders SIRT1 ist bekannt dafür, den oxidativen Stress zu reduzieren, indem es den Nrf2-Signalweg aktiviert und die Expression antioxidativer Enzyme wie Superoxiddismutase (SOD) und Katalase fördert. Studien zeigen, dass eine erhöhte Sirtuin-Aktivität zur verbesserten mitochondrialen Funktion und einer Reduktion von DNA-Schäden durch oxidative Belastung beitragen kann.

Die Aktivierung von Sirtuinen kann durch Fasten, körperliche Aktivität und bestimmte sekundäre Pflanzenstoffe gefördert werden. 

Wann kann die Einnahme von Antioxidantien sinnvoll sein?

Nährstoffmangel: Personen mit eingeschränktem Zugang zu antioxidantienreichen Lebensmitteln aufgrund von Ernährungsgewohnheiten, Allergien oder anderen Faktoren können von Nahrungsergänzungsmitteln profitieren. Ein Arzt kann feststellen, ob ein Mangel vorliegt.

Hohe oxidative Belastung: Menschen, die häufig Umweltverschmutzung oder Tabakrauch zwangläufig (z.B. berufsbedingt) ausgesetzt sind, könnten von zusätzlichen Antioxidantien profitieren. Dennoch sollte die Vermeidung von oxidativem Stress vorrangig sein.

Alterungsprozess: Mit zunehmendem Alter nimmt die Nährstoffaufnahme- und vor allem die -vielfalt ab, und das Risiko für chronische Erkrankungen steigt. Studien deuten darauf hin, dass eine bedarfsgerechte  Einnahme von Antioxidantien gewissen altersbedingten Veränderungen entgegenwirken könnten, jedoch sind die Beweise nicht eindeutig.

Antioxidantien und Sport

Die Einnahme von Antioxidantien im Zusammenhang mit Sport ist ein kontrovers diskutiertes Thema. Einerseits können Antioxidantien helfen, den durch intensive körperliche Aktivität verursachten oxidativen Stress zu reduzieren. Andererseits zeigen neuere Studien, dass eine zu hohe Zufuhr von Antioxidantien kurz vor oder nach dem Training die Anpassungsprozesse des Körpers an sportliche Belastungen beeinträchtigen kann.

  • Mögliche Vorteile: Moderate Mengen an Antioxidantien wie Vitamin C und E können, wenn in genug zeitlichem Abstand zum Training, die Regeneration fördern und Muskelkater verringern.
  • Mögliche Nachteile: Hohe Dosen könnten die zellulären Signalwege blockieren, die für die Anpassung an körperliche Belastung notwendig sind. Dadurch kann der Trainingseffekt abgeschwächt werden.

Warum oxidativer Stress auch nützlich ist: Beim Sport entstehen gezielt freie Radikale, die als Signalgeber für Anpassungsmechanismen wirken. Sie fördern die Produktion von körpereigenen Antioxidantien, steigern die Mitochondrien-Biogenese und tragen zur Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit bei.

Optimale Einnahmezeit für Antioxidantien

Lebensmittel mit Antioxidantien

Die beste Aufnahme erfolgt über den Tag verteilt, indem frische, nährstoffreiche Lebensmittel gegessen werden, um eine gleichmäßige antioxidative Abwehr zu gewährleisten.

Nahrungsergänzungsmittel

Fettlösliche Antioxidantien (A, D, E, K): Am besten mit einer fetthaltigen Mahlzeit einnehmen, um die Aufnahme zu verbessern.

Wasserlösliche Antioxidantien (Vitamin C, Polyphenole, Flavonoide): Können zu jeder Tageszeit eingenommen werden – wichtig ist die Regelmäßigkeit. 

Medikamente & Interaktionen: Einige Antioxidantien können die Wirkung bestimmter Medikamente beeinflussen. Es ist ratsam in diesem Fall eine fachliche Beratung hinzuzuziehen

Die Dosis macht das Gift

Antioxidantien sind essentiell für die Gesundheit, doch die richtige Balance ist entscheidend. Die aktuelle Forschung zeigt, dass sie nicht nur schützen, sondern in hohen Dosen auch schädlich sein können. Eine abwechslungsreiche Ernährung ist der beste Weg, um ausreichend Antioxidantien aufzunehmen.

Quellen

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